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Interviews mit Mitarbeitenden von Einsatzstellen

Viele der FÖJ-Einsatzstellen in Westfalen-Lippe arbeiten bereits mit einem inklusiven Ansatz oder legen großen Wert auf die individuelle Förderung der Freiwilligen. Dabei hat jede Einsatzstelle ihre eigene Herangehensweise, die wir auf dieser Seite exemplarisch vorstellen möchten.

Die Einsatzstellen haben sich freiwillig zur Vorstellung ihres Ansatzes gemeldet und wurden nicht von der FÖJ-Zentralstelle ausgewählt. Die Befragung erfolgte in Form eines schriftlichen Interviews.

eeWerk der Stiftung Eben-Ezer

„Das FÖJ ist in jedem Fall eine gute Investition.“

Im eeWerk der Stiftung Eben-Ezer wird im Garten- und Landschaftsbau das Miteinander der Freiwilligen mit Menschen mit Behinderungen alltäglich gelebt. Rüdiger Kentsch berichtet, wie bereichernd und sinnstiftend dieses vorurteilsfreie und respektvolle Miteinander für junge Leute sein kann.

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Interview mit Rüdiger Kentsch

Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrer Einsatzstelle in der Begleitung von FÖJler*innen, die einen zusätzlichen Unterstützungsbedarf haben?

Vereinzelt haben bei uns junge Leute im FÖJ gearbeitet, die in ihrer Persönlichkeitsentwicklung be-hindert und bei denen die schulischen Voraussetzungen eingeschränkt waren. Sie hatten einen besonderen Unterstützungsbedarf in der Anleitung. Ihnen war es nicht so leicht möglich, mit anderen zusammen zu arbeiten.


Welche Begleitungsmöglichkeiten (fachlich und pädagogisch) haben Sie für die FÖJler*innen? Wie sehen diese konkret aus?

Wir versuchen, das Arbeitsangebot an ihren Fähigkeiten und auch Interessen auszurichten. Einerseits, um Überforderungen zu vermeiden und andererseits, um sie zu motivieren, beispielsweise durch die Durchführung von Projekten. Ihre Arbeitsverrichtungen werden von den Fachkräften beobachtet. Wenn nötig, werden Arbeitsergebnisse korrigiert. Die FÖJler*innen werden aber ebenfalls in ihren Leistungen bestätigt.


Inwiefern können bei Ihnen in der Einsatzstelle die Tätigkeiten (flexibel) an die Bedürfnisse und Fähigkeiten der FÖJler*innen angepasst werden?

Die Planung der Aufgaben und FÖJ-Projekte im GaLaBau erfolgen nach Abstimmung mit den Freiwilligen unter Berücksichtigung ihre Wünsche und gemäß den saisonalen, naturschutzfachlichen Abläufen. Dabei nehmen wir nach Möglichkeit Rücksicht auf Einschränkungen, bspw. wenn sich jemand etwas nicht zutraut. Wir fördern Stärken und die Eigenverantwortlichkeit der jungen Leute. In den ersten Gesprächen vor einer Zusage für ein FÖJ versuchen wir den*die Bewerber*in kennenzulernen, auch mit seinen*ihren jeweiligen Fähigkeiten und Einschränkungen. Ein Hospitationstag im GaLaBau hilft sehr, diese mit den Anforderungen und Aufgaben bei uns abzustimmen.


Welchen Herausforderungen stehen Sie in der Begleitung der jungen Menschen mit zusätzlichem Unterstützungsbedarf gegenüber?

Wir können die Menschen mit Unterstützungsbedarf nur in einem begrenzten Rahmen begleiten, ohne andere Aufgaben zu vernachlässigen. Ein Mindestmaß an Selbstständigkeit ist erforderlich, d.h. Arbeiten, die nicht überfordern, eigenverantwortlich zu erledigen. Ähnlich ist es mit der Befähigung zur Zusammenarbeit in der Gruppe. Da wir bei eeWerk 2 FÖJ-Plätze haben, sollte jemand kooperativ im Team arbeiten können.


Was verstehen Sie unter Inklusion und wie leben Sie Ihr Verständnis davon in der Einsatzstelle?

Inklusion wird bei eeWerk gelebt. Wir sind als Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) eine Einrichtung zur beruflichen und sozialen Rehabilitation in das Arbeitsleben und als solche anerkannt nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches IX. Die FÖJler*innen kommen ganz selbstverständlich in Kontakt mit unseren Beschäftigten und Menschen mit Behinderungen und gehen nach unseren Erfahrungen in der Regel sehr vorurteilsfrei und respektvoll mit ihnen um. Die FÖJler*innen haben keinen betreuerischen Auftrag wie im FSJ. Sie lernen aber einen ganz selbstverständlichen Umgang, bei der Arbeit, beim Grillen und im Gespräch. Diese Inklusion im Miteinander von Menschen mit Behinderungen und FÖJler*innen ist eine elementare Lebenserfahrung. Werte wie Wertschätzung und Respekt unabhängig von der eigenen Biographie, Erfolgen und Können zu leben.


Wie versuchen Sie in Ihrer Einsatzstelle Barrieren für gesellschaftlich benachteilige junge Menschen abzubauen?

Indem wir versuchen, mit ihnen in einem gewissen Rahmen gemeinsam (Lebens-) Ziele zu erarbeiten bzw. Probleme anzugehen, mit denen sie in ihrem Alltag stark beschäftigt sind.


Welche Bedeutung hat ein FÖJ Ihrer Meinung nach für Teilnehmende mit erhöhtem Unterstützungsbedarf?

Das FÖJ ist als Lernjahr nach der Schule oder auf dem Weg in den Beruf eine werte Chance in vielerlei Hinsicht: Ein Jahr lang etwas Besonderes machen, sich im Natur- und Umweltschutz engagieren, in die Berufswelt reinschnuppern, sich beruflich orientieren, sich selber „auszuprobieren“ und kennenlernen, den Horizont erweitern und neue Freunde gewinnen. Zu erfahren, dass es eine wichtige Aufgabe ist, für andere da zu sein, die eigene Position finden, die Zeit bis zum Ausbildungsbeginn sinnvoll nutzen. Das FÖJ ist in jedem Fall eine gute Investition.


Was bedeutet der Titel „FÖJ für ALLE“ für Sie und Ihre Einsatzstelle? Wie füllen Sie diesen Titel mit Leben?

Dieser Slogan spricht ja für das Konzept des FÖJ, auch und gerade offen zu sein für junge Leute mit einem niedrigen Bildungsabschluss und Unterstützungsbedarfen. Jeder hat ein Anrecht auf Wertschätzung und Respekt. Im Einzelfall bedarf es dann aber auch unter Umständen der Zurverfügungstellung von Ressourcen, um dies im Setting der Einsatzstelle leben zu können und praktisch werden zu lassen in Anbetracht eines besonderen Unterstützungsbedarfs eines*r FÖJler*in.

Lebenshilfe Detmold e.V.

„Dabei geht es auch um den rücksichtsvollen 'Umgang auf Augenhöhe', Gleichwertigkeit und Wertschätzung.“

Im Obst- und Gemüseanbau und in der Mosterei der Lebenshilfe Detmold lernen und arbeiten Freiwillige gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen. Wolfram Spinn erzählt, wie junge Menschen im FÖJ individuell begleitet und durch gemeinsame Zielsetzung Alltagsprobleme bearbeitet werden.

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Interview mit Wolfram Spinn

Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrer Einsatzstelle in der Begleitung von FÖJler*innen, die einen zusätzlichen Unterstützungsbedarf haben?

Als Werkstatt für Menschen mit Behinderung pflegen wir seit vielen Jahren einen professionellen Umgang mit Menschen, die einen Unterstützungsbedarf haben. Wir bieten allen FÖJler*innen eine sehr kollegiale Zusammenarbeit an, mit der Möglichkeit, nach Bedarf Ansprechpartner*in zu sein, insbesondere für die neue Arbeitssituation.


Welche Begleitungsmöglichkeiten (fachlich und pädagogisch) haben Sie für die FÖJler*innen? Wie sehen diese konkret aus?

Wir stellen fachlich und pädagogisch professionell ausgebildetes und erfahrenes Personal in unseren verschiedenen Abteilungen für die Belange der Menschen mit Behinderungen ein. Davon profitieren selbstverständlich auch die FÖJler*innen. Gemeinsam mit den Fachberater*innen vom LWL sind wir hinsichtlich der Begleitungsmöglichkeiten in fachlicher und pädagogischer Hinsicht gut aufgestellt.


Inwiefern können bei Ihnen in der Einsatzstelle die Tätigkeiten (flexibel) an die Bedürfnisse und Fähigkeiten der FÖJler*innen angepasst werden?

Wir vereinbaren im Vorfeld 1-2 Hospitationstage mit den FÖJler*innen in den Abteilungen, die bei uns als FÖJ-Stelle anerkannt sind. Nach diesem Probearbeitstag ergibt sich gemäß den bisherigen Erfahrungen sehr schnell, welche Abteilung den Vorstellungen der FÖJler*innen am ehesten entspricht.


Welchen Herausforderungen stehen Sie in der Begleitung der jungen Menschen mit zusätzlichem Unterstützungsbedarf gegenüber?

Bei den jungen Menschen unter 18 Jahre ist eine große Herausforderung die Einbeziehung der Erziehungsberechtigten und damit verbunden deren Vorstellungen von Unterstützung. Bei den erwachsenen jungen Menschen ist es oftmals ein Kommunikationsproblem, herauszufinden, welche Unterstützung sie konkret benötigen und was wir als soziale Einrichtung konkret für sie tun können.


Was verstehen Sie unter Inklusion und wie leben Sie Ihr Verständnis davon in der Einsatzstelle?

Inklusion heißt „Einbeziehung der Menschen in die Gesellschaft“. Dabei geht es auch um den rücksichtsvollen „Umgang auf Augenhöhe“, Gleichwertigkeit und Wertschätzung. Dies gehört zum Leitbild der Lebenshilfe Detmold und wird als eine unserer wichtigsten Aufgaben in unserer Einrichtung gelebt.


Wie versuchen Sie in Ihrer Einsatzstelle Barrieren für gesellschaftlich benachteilige junge Menschen abzubauen?

Indem wir versuchen, mit ihnen in einem gewissen Rahmen gemeinsam (Lebens-) Ziele zu erarbeiten bzw. Probleme anzugehen, mit denen sie in ihrem Alltag stark beschäftigt sind.


Welche Bedeutung hat ein FÖJ Ihrer Meinung nach für Teilnehmende mit erhöhtem Unterstützungsbedarf?

Das FÖJ hat nach unseren bisherigen Erfahrungen einen sehr hohen Stellenwert, um gerade den Teilnehmenden mit besonderen Eigenschaften die Möglichkeit zu geben, einen anderen Blickwinkel auf ihr Leben, ihre Entwicklung oder auch Ziele zuzulassen und evtl. neue Ziele für sich selbst zu definieren.


Was bedeutet der Titel „FÖJ für ALLE“ für Sie und Ihre Einsatzstelle? Wie füllen Sie diesen Titel mit Leben?

„FÖJ für ALLE“ heißt für uns, dass auch diejenigen herzlich willkommen sind, die ihre Schul- bzw. Berufsausbildung abgebrochen haben, die nicht so „geradeaus laufen“ und keine konkrete Vorstellung haben, wie es bei Ihnen beruflich und auch privat weitergehen wird.

Tierpark und Fossilium Bochum

„So divers wie es unsere Tiere sind, ist auch unser Team.“

Miriam Kreimeyer berichtet, wie im Tierpark und Fossilium Bochum Gleichberechtigung gelebt wird. Der Einsatz der Freiwilligen wird hier individuell auf deren Bedürfnisse abgestimmt. Dadurch machen die jungen Menschen motivierende Erfahrungen, die ihr Selbstbewusstsein stärken.

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Interview mit Miriam Kreimeyer

Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrer Einsatzstelle in der Begleitung von FÖJler*innen, die einen zusätzlichen Unterstützungsbedarf haben?

Unsere bisher gemachten Erfahrungen waren überwiegend positiv. In einem Jahr hatten wir beispielweise einen Gehörlosen FÖJler in unserem Team, der mit uns über Schrifttafeln kommunizierte. Auch Personen mit Lernschwierigkeiten waren schon bei uns im Tierpark tätig. Im Sinne der Arbeitssicherheit und der kollegialen Zusammenarbeit ist es jedoch wichtig, von Anfang an offen(siv) mit den Gegebenheiten umzugehen, respektvoll zu sein und genaue Absprachen zu treffen.


Welche Begleitungsmöglichkeiten (fachlich und pädagogisch) haben Sie für die FÖJler*innen? Wie sehen diese konkret aus?

Unsere FÖJler*innen werden direkt durch unsere Zootierpfleger*innen betreut und fachlich in ihre neuen Tätigkeitsbereiche eingewiesen. Dabei werden bei Bedarf auch individuelle Absprachen im Hinblick auf die jeweiligen Fähigkeiten getroffen. Die Zufriedenheit unser FÖJler*innen ist uns sehr wichtig, damit sie möglichst viel in dieser Zeit für sich mitnehmen. Begleitend finden von Anfang an regelmäßig Reflexionsgespräche statt, in denen Wünsche, Ängste und Erfahrungen besprochen werden. Darüber hinaus steht allen Mitarbeiter*innen die Tür zu unserer Geschäftsführung immer für (Beratungs-) Gespräche offen.


Inwiefern können bei Ihnen in der Einsatzstelle die Tätigkeiten (flexibel) an die Bedürfnisse und Fähigkeiten der FÖJler*innen angepasst werden?

Dies ist tatsächlich von Fall zu Fall unterschiedlich und muss individuell bewertet werden. Aufgrund des gegebenen Arbeitsbereichs (Tieranlagen) ist es jedoch wichtig, dass die Teilnehmer*innen keine motorischen Einschränkungen haben, um die eigene Sicherheit, die der Tiere und die der Besucher*innen zu gewährleisten. Sie müssen außerdem kognitiv in der Lage sein, Arbeitsanweisungen zu verstehen und befolgen zu können.


Welchen Herausforderungen stehen Sie in der Begleitung der jungen Menschen mit zusätzlichem Unterstützungsbedarf gegenüber?

Bereits vor Antritt der Stelle und auch während der Einarbeitungsphase sind offene Gespräche und eine intensive Betreuung essentiell, damit wir auf die jeweiligen Bedürfnisse gezielt eingehen können. Dies ist natürlich mit einem hohen personellen und zeitlichen Aufwand verbunden. Unsere Mitarbeiter*innen müssen u. U. viel Geduld und Einfühlungsvermögen aufbringen, um die neuen Teammitglieder zu integrieren und mit den Arbeitsabläufen vertraut zu machen. Dieser Einsatz muss daher gut geplant werden.


Was verstehen Sie unter Inklusion und wie leben Sie Ihr Verständnis davon in der Einsatzstelle?

Unsere Unternehmensphilosophie ist es, möglichst viele Menschen für Tiere und die Natur zu begeistern. Dies gilt nicht nur für unsere Besucher*innen, sondern auch für unsere Mitarbeiter*innen. Daher streben wir an, sowohl auf individuelle Bedürfnisse einzugehen, als auch ein gemeinsames Erleben und Arbeiten für alle zu ermöglichen.


Wie versuchen Sie in Ihrer Einsatzstelle Barrieren für gesellschaftlich benachteilige junge Menschen abzubauen?

Der Abbau von Barrieren fängt im Team an. Unser Ziel ist es, jede*n Mitarbeiter*in für Akzeptanz, Offenheit und Verständnis anderen gegenüber zu sensibilisieren.


Welche Bedeutung hat ein FÖJ Ihrer Meinung nach für Teilnehmende mit erhöhtem Unterstützungsbedarf?

Ein FÖJ ist eine wunderbare Gelegenheit für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen, die in Vorbereitung auf das spätere Arbeitsleben von großem Vorteil sein kann. Während dieses Jahres lernen sie ihre individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten besser kennen und können diese weiter ausbauen. Dabei kommt es zu Erfolgserlebnissen, die das Selbstbewusstsein nachhaltig stärken.


Was bedeutet der Titel „FÖJ für ALLE“ für Sie und Ihre Einsatzstelle? Wie füllen Sie diesen Titel mit Leben?

So divers wie es unsere Tiere sind, ist auch unser Team. Wir leben Gleichberechtigung und wollen jedem eine Chance geben, solange er oder sie nur motiviert ist und eine Begeisterung für Tiere mitbringt.