Tipps für das Bewerbungsverfahren
Das Bewerbungsverfahren des FÖJs ist entscheidend für den Zugang zum FÖJ. Um das FÖJ zu einem diversitätsbewussten Freiwilligendienst zu entwickeln, wurde dieser Schlüsselmoment im Zuge der Evaluation des Projekts von Nadja Körner (Erziehungs- und Politikwissenschaftlerin) unter die Lupe genommen und ausgewertet.
Die FÖJ-Zentralstelle arbeitet daran, das Online-Bewerbungsportal auf Barrieren hin zu überprüfen und diese abzubauen. Die Auswahl der Frewilligen geschieht allerdings durch Bewerbungsgespräche und Probetage in den Einsatzstellen. Deshalb besteht auch hier Handlungsbedarf, um das FÖJ zugänglicher für bisher unterrepräsentierte Gruppen zu machen.
Einsatzstellen und Bewerber*innen können sich im Bewerbungsprozess des FÖJs gegenseitig kennenlernen und schauen, ob eine Zusammenarbeit im Format des Freiwilligendienstes passen könnte. Spannend ist dabei, welche Fähigkeiten die Einsatzstellen von zukünftigen FÖJler*innen erwarten. Denn die Antwort auf diese Frage zeigt, wer ein FÖJ machen kann und wer davon eventuell ausgeschlossen wird.
Barrieren und Hürden gibt es an unterschiedlichsten Stellen im FÖJ. Ein Beispiel sind die Stereotype und Vorurteile, die wir Menschen alle im Kopf haben. Damit diese sich weniger auf die Auswahl der Freiwilligen auswirken, ist es wichtig, dass sich Mitarbeitende aus den Einsatzstellen mit den eigenen Bildern im Kopf auseinandersetzen. Um das eigene Bewerbungsverfahren zu reflektieren, wurden im Rahmen des Projektes Tipps für Einsatzstellen zu diversitätssensiblen Bewerbungsverfahren zusammengestellt. Außerdem gibt es einen Selbsttest zur Reflexion der eigenen Diversitätskompetenz.
Interessante Evaluationsergebnisse
Im Rahmen der Projektevaluation für das „FÖJ für ALLE“ wurden die Einsatzstellen unter Anderem gefragt, welche Erwartungen sie an die Freiwilligen stellen. Die Evaluationsergebnisse zeigen, dass die Befragten den zwischenmenschlichen Fähigkeiten der Freiwilligen mehr Bedeutung zumessen als berufstypischen Qualifikationen. Dies weist darauf hin, dass das FÖJ in Westfalen-Lippe theoretisch offen ist für Jugendliche mit niedrigem Bildungsabschluss und/oder Einschränkungen im Bereich Lernen, aber auch für junge Geflüchtete, bei denen noch Sprachbarrieren bestehen können. Die Tatsache, dass vor allem Motivation und Durchhaltevermögen von den Freiwilligen erwartet wird, kann jedoch auch eine Barriere für bestimmte Bewerbende wie beispielsweise junge Erwachsene mit bestimmten psychischen Problemlagen sein.
Testen Sie sich!
Selbsttests dieser Art dienen vor allem der Selbstreflexion und der bewussten Auseinandersetzung mit bestimmten Themen. Sie sollen Anlass zum Nachdenken und Verändern der eigenen Handlungsoptionen sein. Dieser Test beruht auf dem “Diversity Quotient” von Lee Gardenswartz und Anita Rowe (2016).
Machen Sie den Test!
Um herauszufinden, wie anpassungsfähig Sie in einer pluralistischen Umgebung sind, lesen Sie sich die folgenden Aussagen durch und überlegen Sie sich, welche Sie mit "Ja" beantworten können. Oder nutzen Sie die Fragen als Anstoß zur Reflektion und Austausch mit Kolleginnen und Kollegen.
- Es ist mir bewusst und ich bekenne mich dazu, dass ich Stereotype und Vorurteile anderen Gruppen gegenüber habe.
- Ich fühle mich in Gesellschaft von Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen sofort wohl.
- Ich bemühe mich aktiv, Bindung und Kontakt mit Menschen aufzubauen, die anders sind als ich.
- Ich genieße die Arbeit in einem interkulturellen Team.
- Veränderungen empfinde ich als inspirierend und aufregend.
- Wenn ich etwas Ungewöhnliches und Neues erlebe, reagiere ich darauf mit Neugier und Lernwille.
- Ich bin geduldig und habe ein offenes Ohr gegenüber den nicht-deutschen Muttersprachler_innen oder denjenigen, die leichte Sprache bevorzugen.
- Ich denke, dass man produktiver ist, wenn man Zeit in Aufbau und Pflege von guten Beziehungen investiert.
- Ich denke, dass beide Seiten, sowohl Menschen, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind und hier leben, als auch die Aufnahmegesellschaft sich ändern und bemühen müssen, um sich einander anzunähern.
- Ich versuche immer wieder, meine gewohnte Perspektive aufzugeben und Empathie gegenüber anderen Gruppen zu entwickeln.
- Ich nehme aus der Perspektive von Minderheiten wahr, wie ausschließend Alltagskultur, Kommunikationsart, Personalpolitik am Arbeitsplatz oder die Infrastruktur in meiner Umgebung sein können.
- Aus Respekt vor anderen Gruppen habe ich meine Art zu kommunizieren angepasst.
Auswertung
Je mehr Antworten mit einem eindeutigen „Ja“ beantwortet wurden, desto bewusster wird mit dem Thema Diversität umgegangen. Wenn eine Aussage unverständlich, nicht nachvollziehbar oder mit einem „Ja, aber…“ beantwortet wurde, ist dies wahrscheinlich ein Zeichen dafür, dass sich mit dem entsprechenden Thema noch nicht aktiv auseinandergesetzt wurde.
Wenn Sie mit vielen Aussagen nichts anfangen können, seien Sie nicht frustriert oder defensiv! Man ist deswegen kein “schlechter” Mensch. Der Grund dafür muss keine bösartige Motivation sein, sondern ist wahrscheinlich schlicht eine Auswirkung der Kultur, die Sie geprägt hat und ihre Sicht und Meinung unbewusst beeinflusst. Es kann also passieren, dass Sie durch Entscheidungen oder Verhaltensweisen unbewusst und ungewollt andere Menschen ausschließen. Natürlich ist das nicht Ihre Intention, letztendlich aber kann es sein, dass andere unter dieser Exklusion oder Stigmatisierung leiden. Beim Thema Diversität passiert es nämlich oft, dass die Intentionen nicht immer mit der Wirkung einhergehen. Daher ist es wichtig, sich gegenseitig zuzuhören und als Mensch zu sehen.